Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir laden vertraute Personen zum Abendessen nach Hause ein, gehen nach der Arbeit auf einen Drink in eine Bar, geniessen einen tollen Abend in einem schönen Restaurant oder treffen uns zu einem gemütlichen Brunch im kleinen Quartiercafé. Aber wieso fühlen wir uns eigentlich so stark zu anderen Menschen hingezogen?

Ein Grund dafür sind die sogenannten Spiegelneurone, die jeder Mensch an der genau gleichen Stelle in seinem Gehirn, genauer gesagt im präfrontalen Kortex, besitzt. In der Frühzeit des Menschen, als ihm die sprachlichen Fähigkeiten noch fehlten, war die Fähigkeit, die Körpersprache des Gegenübers zu lesen, überlebenswichtig.
Wenn auch nicht ganz überlebenswichtig, haben Spiegelneurone auch heute noch eine wichtige Bedeutung. In einem Gespräch mit einer anderen Person, erhöhen Spiegelneurone ihre Aktivität. Dies führt dazu, dass sich die Emotionen der Gesprächspartner unbewusst aufeinander abstimmen. Sowohl beim Zuhören als auch beim Erzählen von Geschichten, weisen Konversationsteilnehmer ähnliche Hirnaktivitäten auf, was schliesslich zu einer Steigerung des Vertrauens und des Wohlbefindens führt. Bestimmt ist dir das auch schon passiert, dass dich im Zug jemand angelächelt hat und du ohne darüber nachzudenken zurückgelächelt hast.
Die Spiegelneurone werden uns schon von der Geburt an mit auf den Weg gegeben. So können Säuglinge schon nach wenigen Tagen bestimmte Verhaltensweisen des Gegenübers spiegeln. Klingt unwahrscheinlich? Probiere es doch einfach mal aus und strecke einem Neugeborenen die Zunge raus und schau was passiert! Fun Fact: In Tibet gilt das Rausstrecken der Zunge als salonfähige Geste um sich zu begrüssen.
Zur Geburt erhalten wir also gewissermassen schon ein Werkzeug, das uns ermöglicht mit anderen Menschen zu interagieren, von ihnen zu lernen und sie zu imitieren. Diese soziale Einbettung in verschiedene Gruppen zieht sich durch unser ganzes Leben. Sind es bei den einen die Bekannten aus dem Bücherverein, dem Schützenclub oder der Sportmannschaft, sind es bei den anderen die Arbeitskollegen, die Mitstudierenden oder die Familie, mit denen man am liebsten Zeit verbringt. Wir fühlen uns am wohlsten, wenn wir von anderen umgeben sind uns unterhalten und gemeinsam freuen, Emotionen und Geschichten teilen können.
Nun folgen ein paar Tipps wie du das oben Gelesene in deinem Alltag umsetzen kannst:
Vor allem im Umgang mit Kindern, aber auch mit Kollegen und Mitarbeitenden kann es vorkommen, dass du aktiv eine Vorbildrolle einnimmst. Wenn du dann eine bestimmte Handlung durchführst, sind die Spiegelneurone deiner Beobachter aktiv. Die Beobachter werden sich in Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit auch so verhalten, wie du es ihnen gezeigt hast. Deshalb ist es auch nicht sinnvoll, wenn man als Präsident seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern empfiehlt Desinfektionsmittel zu trinken (not so great!)!
Selbstverständlich funktioniert das auch umgekehrt. Wenn du etwas Neues lernen möchtest, kann es Sinn machen, sich jemanden auszusuchen, der in diesem Bereich bereits erfolgreich ist. Eine genaue Beobachtung der relevanten Verhaltensweisen führt dazu, dass deine Spiegelneurone aktiviert werden. Dies kann dir dabei helfen, dieselben Verhaltensweisen und Gefühlszustände anzunehmen, die für ein erfolgreiches Ergebnis relevant sind.
In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spass beim Beobachten und Testen der Funktionsweise eurer Spiegelneurone!
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